Zuletzt aktualisiert: 28.03.2024


Geschichte


Jiu-Jitsu – Historie, Herkunft und Bedeutung



Jūjutsu (Japan, vor 1868)

ist der Begriff für den Nicht-Kriegswaffen behandelnden (also Kurzwaffen, Messer, Dolche usw.) sowie waffenlosen Teil der Schulen historischer japanischer Kampfkünste (Koryū, dt. „alte Schule“). In der Edo-Periode (1603-1867) gab es über 700 dokumentierte Ryū (Schulen/Stile). Abnahme der Bedeutung in der Meiji-Periode, als Japan sich modernisierte, dem Westen öffnete und eine längere Zeit, durch die Abwesenheit großer Kriege, Frieden herrschte (ab 1868).

Jūjutsu in diesem Sinne ist in Europa so gut wie gar nicht zu finden und ist nicht zu verwechseln mit dem hier angebotenen Jiu-Jitsu. So gibt es z.B. im Jūjutsu nicht das farbige Gürtelsystem, was uns aus anderen asiatischen Kampfkünsten vertraut ist. Das wurde erst im Kodokan Judō eingeführt.


Judō (Japan, ca. 1882)

Jigorō Kanō war ab 1870 Schüler mehrerer Koryū, insbesondere Tenshin-Shinyo Ryū und Kito-Ryū. In diesen beiden Stilen erlangte er auch die Lehrbefähigung. Nach vier Jahren Training in den Koryū öffnete Kanō 1882 eine eigene Schule, das Kodokan. Kanō legte Wert auf Techniken, die sich mit vollem Widerstand und hartem Kontakt trainieren ließen, um realistisches Kämpfen lehren zu können und benutzte in besonderem Maße, aber nicht nur (!) Wurf-, Würge- und Hebeltechniken. Kanō nannte sein System Judō, doch es wurde in der Anfangszeit von Unkundigen im Ausland auch als Kanō-Jiu-Jitsu bezeichnet (siehe BJJ). In späteren Jahren fand eine weitere Koryū ihren Weg ins Judō: das Fusen-Ryū. Dieses wiederum legt starken Wert auf Bodenkampf und errang in sportlichen Kämpfen mit dem Kodokan einige Erfolge. Besonders durch Mataemon Tanabe, der daraufhin auch im Kodokan unterrichtete.

In Europa herrscht heutzutage hauptsächlich (aber nicht nur) das Wettkampf-Judō vor, dass z. B. keine Distanzangriffe (Schläge, Tritte) beinhaltet. In Deutschland führt der Deutsche Judō Bund im Rahmen eines Selbstverteidigungsprogramms Schlag- und SV-Techniken aus anderen Kampf- und Selbstverteidigungssystemen ein. Das traditionelle Judō von Kanō hingegen enthält seit jeher Schlag-, Stoß-, und Tritttechniken (sowie auch Waffentechniken) und es wird in Deutschland von einem vergleichsweise kleinen Kreis betrieben. Bekannte Vertreter dieser Richtung sind z. B. Tokio Hirano, Frank Thiele und Tom Herold.


Jiu-Jitsu (Deutschland, 1906)

Der deutsche Kaufmannssohn Erich Rahn lernte 1906 mutmaßlich von dem nach Deutschland gekommenen Japaner Katsukuma Higashi Kodokan-Judō und eröffnete noch im selben Jahr im Alter von 21 Jahren in einem Hinterzimmer einer Kneipe in Berlin-Mitte die erste deutsche Jiu-Jitsu-Schule. Dabei fanden auch Ringergriffe, Boxschläge und Kraftanwendung Eingang in das nach ihm benannte „Rahn“-Jiu-Jitsu. Damit beruht das Jiu-Jitsu von Erich Rahn eigentlich (genau wie übrigens auch das Brazilian Jiu-Jitsu) nicht auf Jūjutsu, sondern auf dem Kodokan Judō (welches selbst wiederum sehr wohl als Fortführung des Jūjutsu gesehen werden kann). Wie erwähnt, wurde Kanōs Judō von Dritten im Ausland eben auch als Jiu-Jitsu bezeichnet (unter anderem z. B. Volksbrockhaus von 1938). In welchem Ausmaß Rahn tatsächlich von Higashi gelernt hat, ist nicht belegt und bekannt, ihm wird u. a. vorgeworfen, er hätte die Techniken nicht von Higashi persönlich, sondern aus einem Buch von diesem erlernt.

Durch Vorführungen und Kämpfe wurde die Polizei auf Rahn aufmerksam und am 30. Juni 1910 führte Rahn im Königlichen Polizeipräsidium das Jiu-Jitsu vor. Daraufhin wurde ihm die Durchführung der neu angeordneten Jiu-Jitsu-Ausbildung der Berliner Kriminalpolizei und später auch der Schutzpolizei übertragen. Obwohl 1930 in Deutschland bereits 110 Jiu-Jitsu-Vereine registriert waren, ging die Tendenz nun vom Jiu-Jitsu zu dem von Kanō entwickelten Judō hin. 1933 gründete Alfred Rhode die Europäische Judō-Union (EJU), wodurch Jiu-Jitsu und Judō erstmals organisatorisch voneinander getrennt wurden.

Weiter entwickelte sich auch das koreanische Hapkidō aus der alten japanischen Kampfkunst, da der Begründer des Hapkido selbst einst Jiu-Jitsu in Japan lehrte.


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